Josee und Carole zogen sich ihre Bergstiefel an, um einen Teil des Jura-Gebirges zu erkunden (das kannte Josee noch aus Kindertagen). Die beiden hatten sich zum Ziel gesetzt, schöne Ausflugsziele für jedes Wetter aufzuspüren. Was sie fanden: herrliche Erlebnisse in der Natur, unerwartete Museumsbesuche und atemberaubende Abenteuer.
Oh, das ist lange her, dass ich hier war! Damals war ich zum zweiten Mal in Frankreich, ein fröhlicher Teenager, der eine tolle Zeit in Clairvaux-les-Lacs verbrachte. Alles war neu und spannend. Meine Familie erinnert sich immer noch an einen Ausspruch von mir: „Klasse, so viele Seen zu sehn!” Denn in dieser Gegend gibt es einen Bergsee nach dem anderen. Lac de Vouglans, Lac de Chalain und eben „meinen“ Clairvaux-les-Lacs. Ein Eldorado für Camper, denn Campingplätze gibt es ebenfalls genug. Am Ufer und im Wasser kann man sich tagelang beschäftigen. Damals habe ich von der Umgebung nicht viel mitbekommen, ich kann mich zumindest nicht mehr daran erinnern. Oder doch … Les Cascades de Hérisson – das war mein erstes tête à tête mit einem Wasserfall. Sowas bleibt im Gedächtnis.
Nun fahre ich zusammen mit Carole durch die grünblaue Region in Ostfrankreich, die auch Montagnes du Jura genannt wird. Neben vielen lacs gibt es auch zahlreiche Berge, die Ausläufer der französischen Alpen. Leider spielt das Wetter heute nicht mit. Im Sommer allerdings kann es durchaus 30 Grad warm werden. Naja, ein Grund mehr, um sich Aktivitäten zu suchen, die man sowohl bei gutem, als auch bei schlechtem Wetter unternehmen kann.
1. Sich an 100.000 Comté-Käsen sattsehen
Wir sind unterwegs nach Les Rousses, gelegen auf 1.100 Metern Höhe. Im Sommer ist das Dorf voll mit Rennradfahrern, Mountainbikern, Wanderern und Golfern. Im Winter ist dies ein entspanntes Skigebiet und Langlaufparadies. Doch wird sind auf der Suche nach dem gelben Gold des Jura, dem Comté. Er wird aus der Milch derjenigen Kühe gemacht, die hier ein herrliches Landleben auf saftig-grünen Wiesen führen. Das Geheimnis des Comté liegt in seinem Reifeprozess, der u.a. im Fort des Rousses vonstatten geht. Die frühere Festung war einmal eine Militärkaserne und eine colonie des vacances. Und jetzt ist sie sozusagen die Kinderstube des Juraflore-Käses. Die konstant (niedrige) Temperatur und die hohe Luftfeuchtigkeit sorgen für das hervorragende Aroma der 100.000 hier reifenden Comtés. Ein Prozess, der zwischen 8 und 36 Monate dauert. Je älter der Comté, desto raffinierter ist sein Geschmack. Die meterlangen Kellergewölbe voller reifer Käse könnt ihr ganz geruchsneutral anschauen, denn vom Käse trennt euch eine Glaswand. Und das ist auch gut so, denn beim Reifeprozess entsteht ein Ammoniakgeruch, der äußerst penetrant ist (wieder was gelernt!).
Käsekeller Fort les Rousses: Besuch von Juli bis August täglich möglich, außer Samstag. Sollte der Führer kein Englisch sprechen (wie bei uns geschehen), fragt dann nach einem deutschen Info-Heft. Am Ende der Führung gibt es eine kleine Verkostung. Reservieren ist notwendig über die Website von Les Rousses oder telefonisch über das Office du Tourisme +33 (0)3 84603173. Erwachsene € 6, Kinder 10-13 Jahre € 4.
2. Im Rausch der Natur: Monts Jura
In Lajoux nimmt uns Valerie Dalmais mit in den Wald. Sie ist Bergführerin und Besitzerin der komplett aus Holz errichteten gîte La Chandoline, die bis zu 40 Personen Platz bietet. Die ganze Herberge hat sie aus nachhaltigem Material selbst gebaut, welch eine coole Frau! Sie nimmt uns mit zu einer Wanderung durch einen – wie sie es selbst nennt – pre-bois, eine Mischung aus Wiese und Wald, was für die Landschaft des Monts Jura typisch ist. Trotz des Regens haben wir eine Menge Spaß. Valerie lässt uns die Knospen der Epicea (Tanne) probieren. „Aber nicht zu viel, sonst werdet ihr high. Ich habe hier schon Rehe schwanken sehen, haha,“ warnt uns Valerie. Dann zeigt sie uns minikleine Orchideen zwischen den Gräsern und lässt uns an weißen Narzissen riechen. Wie Parfüm! Wir sehen auch ‘dolines’, Landverschiebungen (sprich: große Löcher), die durch den sauren Regen auf kalkhaltigem Grund entstanden sind. Außerdem erklärt sie uns die besondere Architektur der Bauernhäuser. An der Vorderseite sind sie mit den landestypischen Holzschindeln, tavaillons, verkleidet, die vor Wind und Regen schützen.
Valerie organisiert im Sommer diverse Wanderungen für ihre Gäste(gruppen). Reservierung notwendig. Sie spricht auch Englisch, Tel. +33 (0)3 84412693.
3. Kindliche Freude im Musée du Jouet
Wir geben es zu: Ein Besuch des Spielzeugmuseums kam uns erst nicht in den Sinn. Doch du moment man auf den Parkplatz des großen, bunten Museums in Moirans-en-Montagne (15 km von Clairvaux-les-Lacs) fährt, bekommt man gute Laune. Das Musée du Jouet zeigt auf 1.900 qm Fläche und in 5 Sälen nichts als Spielzeug. Schon im ersten Raum werden Erinnerungen wach: Puppen, Eisenbahnen, Kaufläden (“Oh, den hatte ich früher auch!“). Im nächsten Raum stehen alte und neue Tretroller, nostalgische Schaukelpferde und Rennautos. Jeder weitere Schritt ist ein Schritt zurück in die Vergangenheit. „Eltern begegnen hier ihrer eigenen Kindheit“, erzählt Magalie Morel, die seit Jahren dort arbeitet. Und sie hat Recht, denn das Museum ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene ein Erlebnis.
Auch schön: Es gibt ein halb-überdachtes Spielparadies und einen Bastelraum, in dem Kinder – mit oder ohne ihre Eltern – eigene Spielsachen aus Holz, Stoff oder Dosen herstellen können. Keine Zeit? Dann besucht einfach den Spielzeugladen.
Musée du Jouet in Moirans: Im Juli und August täglich von 10.00 bis 19.00 Uhr. Für die Öffnungszeiten in der Nebensaison am besten die Website checken. Erwachsene € 7,50, Kinder 7-18 Jahre € 5,50.
4. Adrenalin-Kick: „Ziplinen“ unter einem Viadukt
Man nehme 2 begeisterungsfähige Damen, ein riesiges Viadukt, einen vertrauenswürdigen Führer und einen uncharmanten Klettergurt. Voilà, wir sind bereit für das neue Abenteuer: AccroViaduc.
Mit Respekt schauen wir uns das enorme Viadukt über dem Tal bei Villards d’Heria an. Und mit noch mehr Respekt begutachten wir die Seile, die zwischen die Pfeiler gespannt sind. Da muss man erst einmal drauf kommen: Das ist ein Zipline-Parcours. Und so einer ist einzigartig in Frankreich! Mit Gurt und Sicherungsseil ausgestattet bekommen wir von unserem Französisch und Englisch sprechenden Führer eine Einweisung. Der Test-Parcours mit einer angenehmen Höhe von 1 Meter über dem Grund gibt uns das beruhigende Gefühl, das wir IMMER gesichert sind, no-matter-what. Ob das ein guter Einstieg für die 2 turmhohen Abseilstrecken ist, das werden wir sehen. Mit einer ordentlichen Portion Mut rutschen wir scheinbar mühelos zum ersten großen Brückenpfeiler. Vorsicht beim Finish: dort muss man das Seil packen, sonst rollt man wieder zurück.
Über ein Holzplateau – rund 40 cm breit – und eine Treppe umrunden wir den meterbreiten Pfeiler, um uns auf die nächste Abfahrt vorzubereiten. Komischerweise bekommt man hier viel schneller Höhenangst als beim Schweben durch die Luft. Hier wird es einem erst bewusst, dass 30 Meter unter einem nichts ist. Dieses Gefühl hat man nun 3 x bevor man beim letzten Pfeiler angekommen ist. Und das ist erst zum Aufwärmen. Der 2. Parcours befindet sich nämlich in einer Höhe von 72 Metern! Das überlassen wir lieber den echt Wagemutigen! Und davon scheint es reichlich zu geben, denn – so erzählt uns der Führer – im Sommer rutschen hier begeistert ganze Familien herum. Bei uns knallt das Adrenalin aber auch in die Höhe, als wir uns auf den Rückweg begeben, denn bei dem legt man die meisten Nonstop-Zipline-Meter zum Startpunkt zurück. Aufregend! Vom höheren Parcours wäre das eine Abseilstrecke von 300 Metern. Diese Erfahrung gönnen wir jedoch gerne den anderen.
AccroViaduc, im Juli und August täglich geöffnet, in der Nebensaison nur am Wochenende. Kosten für beide Zipline-Strecken: € 25 ab 16 Jahre, Kinder von 10-15 Jahre € 22 (mind. 1,40 m groß). Gesamtlänge 2.000 m Ziplines. Weitere Infos: accro-viaduc-aventure.com
P.S. Wir hatten leider nicht genügend Zeit, doch in dieser Gegend kann man genügend abenteuerliche Aktivitäten unternehmen wie Canyoning, Höhlenerkundung, Klettersteige, Wasserwanderungen, Klettern/Abseilen. Weitere Infos unter www.escalade-canyoning-jura.com und www.canyoning-escalade.com.
5. Alle grüne Wege führen nach Saint-Claude
Von welcher Richtung aus man nach Saint-Claude kommt – die Anfahrt ist immer bildschön. Die frühere Diamantenstadt liegt im Herzen des Regionalen Naturparks Haut-Jura. Fahrt ihr über die D436, dann solltet ihr unbedingt beim Aussichtspunkt Le Saut du Chien anhalten, denn von dort aus hat man einen fantastischen Blick auf die Gorges du Flumen. Ein paar Kilometer weiter sieht man den Wasserfall Chapeau de Gendarme, dessen Name vom großen Fels links daneben stammt (siehe Foto). Die Einheimischen behaupten, er hätte die Form einer (altmodischen) Polizeikappe.
Danach ist es nicht mehr weit zur beeindruckenden Kathedrale von Saint-Claude, die über den Dächern der Stadt herausragt. Unbedingt ansehen! Dass die Stadt noch immer am Glanz und Gloria ihrer alten Handwerkskünste hängt, das beweist das Musée de la Pipe et du Diamant. Nicht unbedingt empfehlenswert, um ehrlich zu sein. Wenn ihr wissen möchtet, wie Pfeifen hergestellt werden, dann haben wir noch einen anderen Tipp für euch: den jungen Pfeifenmacher Sébastien Beaud.
6. Das Salzmuseum in Salins-les-Bains
Gar nicht gewusst, dass der Jura schon seit dem Mittelalter Salz-Hoflieferant ist. Die Entdeckung einer dicken Salzschicht unter dem Städtchen Salins-les-Bains (der Überrest eines vor zig Millionen Jahren ausgetrockneten Meeres) war Mitte des 20. Jahrhunderts der Auslöser für den Abbau des „weißen Goldes“. Dazu pumpte man das Salzwasser aus einer Tiefe von 250 Metern nach oben und ließ es durch künstliche Erhitzung verdampfen. Diesen Prozess kann man sich im Salzmuseum von Salins-les-Bains ansehen. Und man kann dort tatsächlich durch die unterirdischen Gänge gehen und den Pumpen bei ihrer Arbeit zusehen. Noch beeindruckender ist ein Blick ins alte Kesselhaus, in dem das Wasser verdampfte. Hier schöpften Arbeiter unter menschenunwürdigen und saunaartigen Umständen das Salz aus den 17 x 4 Meter großen und immer warmen Wasserbecken, um es dann mit Schubkarren zum Lager zu bringen. Ein Film im Kesselhaus aus den 1950er-Jahren zeigt den Vorgang. Respekteinflößend. Unbedingt ansehen!
Musée du Sel – Salzmuseum Salins-les-Bains , Place des Salines – 39110 Salins-les-Bains
In den Sommermonaten von 09.30 bis 17.30 Uhr geöffnet. Eintritt: € 4.
Weitere Infos: www.salinesdesalins.com
Lest auch den Artikel über unseren Besuch in der Saline Royale in Arc-en-Senans. Ganz anders, aber auf jeden Fall einen Besuch wert!
Weitere Tipps zu schönen Unternehmungen während eines Urlaubs in dieser Region findet ihr hier.
Text: Josee Schouten Fotos: Josee Schouten, Carole Gölitz, Veronique Beauvois, Musée du Jouet, Musée du Sel/Salins-les-Bains, AccroViaduc, CRT Franche Comté.
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