Die berühmten Höhlen von Lascaux gehören zu den Sehenswürdigkeiten, die man einmal gesehen haben sollte. Seit 2016 gibt es in der Dordogne eine Hightech-Nachbildung der bedeutenden archäologischen Stätte: Lascaux IV. Was gibt es dort zu entdecken? Und kann die alte Höhle noch besichtigt werden?
Was ist das Besondere an Lascaux?
Zuerst einmal die Entdeckung, welche einem Abenteurerroman entsprungen sein könnte. Vier Jugendliche und ihr Hund fanden 1940 den Eingang zu einer Höhle in der Nähe des Dorfes Montignac im Périgord Noir im Vézère-Tal. Mit Kerzen und Öllampen starten sie ihre Forschungstour und stehen kurz darauf Auge in Auge mit einem der allergrößten prähistorischen Schätze der Welt: hunderte Malereien und eingeritzte Zeichnungen von Stieren, Hirschen, Pferden. Und das alles in einem so ausgefeilten Stil, dass Lascaux schon kurz danach als Sixtinische Kapelle der Steinzeit bezeichnet wurde.
Kann man die Original-Höhle noch besuchen?
In den 1950er- und 60er-Jahren kamen so viele Menschen, dass das Klima in der Höhle von Lascaux aus dem Gleichgewicht geriet und sich erst eine grüne, dann eine weiße Schicht und später sogar schwarze Flecken auf den 17.000 Jahre alten Malereien bildeten. Im Jahr 1963 wurde das Höhlensystem daher größtenteils geschlossen und in den 1980er-Jahren ein paar hundert Meter weiter als Kopie unter dem Namen Lascaux II nachgebaut, um den vielen Besuchern gerecht zu werden.
Und wieso jetzt Lascaux Nummer 4?
In der Zwischenzeit gab es noch eine internationale Wanderausstellung unter dem Namen Lascaux III, was nun zu Lascaux 4 für die neueste Version führte. Und wieso brauchte man diese Nachbildung? Brauchen ist vielleicht das falsche Wort. Besser gesagt: Inzwischen ist technisch sehr viel mehr möglich, und Lascaux II nur ein Teil zeigte nur einen kleinen Teilbereich der 250 Meter langen Aneinanderreihung mehrerer kleiner Höhlen, die zusammen Lascaux bilden. Jetzt wurden sie alle komplett nachgebaut – in einem riesigen Besucherzentrum, das zugleich ein Museum für prähistorische Kunst ist.
Wie konnte man die alte Höhle 1 zu 1 nachbauen?
Mit Hilfe eines 3D-Scanners wurde erst die komplette Höhlenmauer mit Styropor nachgebildet, danach mit stabilerem Material ausgegossen und zum Schluss bemalt. Auf den 30 großen Einzelstücken der kopierten Höhle (die wie ein Riesen-Puzzle ineinander gesetzt werden mussten – Denksportaufgabe!) wurden nicht nur die Höhlenmalereien, sondern auch jede kleinste Farbveränderung im Stein nachgebildet.
Echte Präzisionsarbeit, an der 30 auf Restauration spezialisierte Maler 3 Jahre non-stop gearbeitet haben. Ein unglaublicher Kraftakt, über den es auch einen schönen Dokumentarfilm gibt. Währenddessen bauten auch rund 100 Mann an dem neuen Gebäude rund um die Höhlenmalereien; der Entwurf stammt von einem jungen, norwegischen Architekturbüro.
Warum sollte man sich Lascaux IV ansehen?
Schon Lascaux II war sehr beeindruckend. Denn zu sehen, wie die prähistorischen Künstler Einbuchten und Vorsprünge in der Höhlenwand nutzten, um ihren Zeichnungen einen dreidimensionalen Effekt zu verleihen, das ist wirklich einzigartig. In der neuen Höhle wird man das noch besser sehen können. So wie in der Höhle von Chauvet in der Ardèche wurden auch Temperatur, Geruch und Luftfeuchtigkeit nachgeahmt, sodass sich alles wie in Echt anfühlt.
Es wird eine 40-minütige Führung angeboten, an der Gruppen von bis zu 30 Personen teilnehmen können. Drinnen ist es mit 13 Grad genauso kalt wie in einer Höhle. Nehmt also Pullis mit!
Auch das neue Besucherzentrum soll Maßstäbe setzen. Mit einem Außenbereich, vielen Filmen und Audioeffekten wird der Lebensraum der Höhlenbewohner simuliert. Zudem ist die Architektur beeindruckend, die präzise der Linie des darüber liegenden Hügels folgt und drinnen schmale Gänge hat, wodurch man sich tatsächlich wie unter der Erde fühlt.
Die Ausmaße (8.600 qm) sind gigantisch und bieten vielen Besuchern Platz. Zudem gibt es eine Menge Hightech-Gadgets, die einem – in Wort und Bild – viel Wissenswertes über prähistorische Kunst vermitteln. Alles in allem ein besonderes Erlebnis für alle Sinne, das man während eines Urlaubs in der Dordogne auf keinen Fall verpassen sollte!
Lascaux IV… oder lieber Lascaux II?
Lascaux IV ein faszinierendes Gesamterlebnis, das Archäologie-Liebhabern viele Hintergrundinformationen bietet und rund 2-3 Stunden in Anspruch nimmt. Nachteil ist, dass die Umgebung dieser neuen Höhlen-Imitation sehr modern und auch etwas überwältigend ist. Der große Parkplatz, das moderne Gebäude, die vielen Besucher in der Hochsaison … All das ist meilenweit von der Abenteuergeschichte der 1940 entdeckten Höhle entfernt.
Wer es lieber kleiner mag und auf das Museums-Ambiente verzichten kann, dem sei Lascaux II angeraten. Die erste Höhlen-Nachbildung aus dem Jahr 1983 kann noch immer besichtigt werden. Hier nehmt ihr an einer einstündigen Tour teil (mit maximal 20 Personen), und ein Führer mit Taschenlampe versorgt euch mit vielen interessanten Informationen (auf Französisch oder Englisch). In Lascaux II gibt es aber kein High-Tech-Museum, in dem man auf eigene Faust herumspazieren kann. Außerdem zeigt Lascaux II nur einen kleineren Teil der Original-Höhle als Lascaux IV.
Dennoch: Lascaux II wirkt intimer und ist ursprünglicher gelegen – mitten im Wald, nur 200 Meter von der Original-Höhle entfernt. Kein Parkplatz mit Reisebussen, dafür viele Bäume drumherum. Außerdem ist dieser Ort in der Hochsaison (viel) weniger überlaufen als Lascaux IV. Denn nicht alle Touristen wissen, dass die alte Höhlennachbildung noch zu sehen ist. Ein Nachteil ist jedoch, dass die Öffnungszeiten von Lascaux II außerhalb der Hochsaison etwas eingeschränkter sind als die von Lascaux IV.
Zusammengefasst: zwei verschiedene Ansätze mit jeweils einer anderen Atmosphäre. Ihr habt die Wahl! Doch bitte beachtet, dass für beide Höhlen eine Voranmeldung dringend empfohlen wird. Vor allem im Juli und August. Für Besucher, die nicht so gut zu Fuß sind, und Familien mit Kinderwagen ist Lascaux IV die bessere Option: Für Lascaux II müsst ihr den Hügel hinauf und über eine Treppe weiter in die „Höhle“.
Weitere Infos: Lascaux IV (13,50-20 €, ganzjährig geöffnet von 8.00-22.00 Uhr) und Lascaux II (9,50-14,50 €, in der Hauptsaison 9.00-19.00 Uhr, ansonsten kürzere Besuchszeiten oder nur für Gruppen zugänglich. Ihr könnt euch nicht entscheiden? Es gibt auch ein Kombi-Ticket für Lascaux II, Lascaux IV und den Parc Thiot mit dem Pass Lascaux (31,50 €).
Text: Nicky Bouwmeester – laatste update augustus 2023 – Fotos Lascaux IV: CRT Dordogne Périgord Tourisme / Casson Mann & Snohetta en Departement 24 / Dennis Nidos – copyright Centre International de l’Art Pariétal Montignac-Lascaux. Foto Lascaux II: Pierre Suze
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