Ein eigenes Ferienhaus in Frankreich, weit weg vom hektischen Stadtleben – für viele ist dies der ideale Ort, um sich voll und ganz zu erholen und die kleinen Dinge des Lebens zu genießen … so wie diese.
Asjha arbeitet viel und hart als Redakteurin beim Fernsehen. Im Urlaub jedoch sucht sie die Ruhe der französischen campagne auf, wo sie ein Ferienhaus in der Dordogne hat. Dort genießt sie das französische Leben und die kleinen Dinge des Alltags, in denen sie das pure Gefühl von joie de vivre findet:
Wäsche waschen macht Spaß
Viel Wäsche, wenig Wäsche – ganz egal, es wird mit einem Lächeln erledigt. Zum Glück, denn meist fallen zwei Waschtrommeln am Tag an. Was daran so schön ist? Das Trocknen. Man hängt die Kleidungsstücke an der etwas schiefen Wäscheleine auf, dann bläst der Wind hindurch und sobald man den letzten Kissenbezug aufgehängt hat, ist das erste T-Shirt schon wieder trocken. An der Wäscheleine sind auch die Dorfbewohner zu erkennen: eine etwas durchhängende Leine mit altmodischen Herren-Unterhosen? Ein Junggeselle. Badelaken und Bikinis? Urlauber.
Must-have: die Basttasche
Alle campagnards gehen damit zum Einkaufen: mit einer geflochtenen Korbtasche. Und sie haben Recht, denn so ein Maxi-Shopper ist einfach incroyable. Groß, weich, nachhaltig, flexibel und charmant. Und es passt immer mehr hinein, als man denkt: Das Kilo Orangen und das Pfund Zwiebeln werden unten reingelegt, darüber kommen die Eier, der frische Fisch und die duftenden Käsestücke. Steckt man noch ein oder zwei Lauchstangen dazu, dann bekommt die Basttasche schon fast eine poetische Ausstrahlung. Sie ist auch der ideale Strandbegleiter, denn der Sand fällt einfach unten wieder raus. Außerdem ist eine alte Korbtasche, die nonchalant an einem Kleiderständer hängt, der Traum eines jeden Stylisten.
Facebook avant la lettre
Die meisten Dorfbewohner sind nicht mehr die Jüngsten und verbringen ihre Zeit nicht dauernd mit Facebook & Co. Im Gegenteil, die meisten haben noch nicht einmal einen ordinateur – warum sollte man das Ding auch Computer nennen, wenn es so ein schönes französisches Wort dafür gibt? Um zu erfahren, was in der Gegend los ist, schaut man auf das „hölzerne Facebook“: ein großes Brett, das in jedem Dorf zu finden ist. An diesem hängen alle Ankündigungen für Flohmärkte, Dorffeste, pétanque-Turniere, moules-frites-Abende, Konzerte oder marché gourmands.
Ein Dorffest nach dem anderen
Eine der schönsten französischen Traditionen sind die Dorffeste, die meistens in den Sommermonaten stattfinden. Dann setzen sich die Dorfbewohner und alle anderen, die mitfeiern wollen, an lange Tische und essen gemeinsam. Alle paar Meter steht eine einfache Flasche Landwein auf dem Tisch. Meistens gibt es auch einen Stand mit Bier und etwas hochwertigerem Wein. Manchmal brät der Bürgermeister zusammen mit seinem conseil Entrecôtes für jeden, manchmal gibt es einen marché du producteurs, auf dem lokale Produzenten Gänseleber, Schnecken, Entenbrust oder Ziegenkäse verkaufen. Ein kleiner Jahrmarkt für die Kinder und ein Orchester für alle anderen zwischen 8 und 88 Jahre gehören natürlich auch mit dazu.
Sterne gucken …
„Es ist dort auf dem Land bestimmt richtig ruhig“ – das denken zumindest die meisten. Das stimmt auch. Trotzdem hört man immer wieder einen Bauern auf seinem alten, lauten Traktor oder einen Hahn, der sich nicht an die Uhrzeit hält und lauthals kräht. Nachts ist es jedoch still – bis auf die Tierlaute. Doch vor allem ist es dunkel, sehr dunkel. Und das hat einen Riesen-Vorteil: Nirgendwo sonst kann man den Sternenhimmel so gut sehen wie auf dem Lande. Man wird von der unglaublich hellen Milchstraße regelrecht verzaubert und Millionen von Sterne lassen ihr Licht auf einen herunter scheinen. Formidable!
Kein Fitness-Studio!
Ein schlechtes Gewissen, weil man einen Monat lang wieder nicht im Fitness-Studio war? In der campagne braucht man das nicht zu haben. Die tägliche Portion exercices de sport gibt’s dennoch: Am Morgen, bevor es warm wird, geht man zum Wandern. Hügel rauf, Hügel runter, quer durch die Felder und Wälder, durch Weiler und vorbei an Bauernhöfen, vor denen Kühe und Hühner stehen und ein alter Hund aus Gewohnheit immer bellt. Man denkt nach oder man denkt nichts, man riecht, schaut und genießt. Was will man mehr? Langweilig? Dann könnte man sich mit voller Energie der Gartenarbeit widmen …
Der Markt: Grill-Hähnchen und Geplauder
Natürlich gibt es dort einen Metzger, ein paar Gemüsehändler, einen Schafbauern mit eigenem Käse und mit etwas Glück auch noch einen guten Fischverkäufer. Doch ein Markt ist erst dann ein wirklich guter Markt, wenn es auch einen Stand mit Brathähnchen gibt. So ein Hähnchen vom Bauernhof ist die allerbeste Ausrede, um sich vor dem Kochen zu drücken und trotzdem zu Hause zu essen. Salat und Baguette dazu – und ran ans knusprige Vergnügen! Ist der Hahn erst einmal im Korb, dann wird es Zeit für ein Pläuschchen. Man wohnt auf dem Lande ziemlich weit auseinander und ist mit allem Möglichen beschäftigt, daher bietet sich eine Begegnung auf dem Markt an, um sich mal wieder ausgiebig zu unterhalten. Am besten mit einem Glas Wein dazu …
Das Dorflokal
Wenn es etwas zu feiern gibt, wenn man mit Freunden ausgeht, wenn man couleur locale erleben will oder wenn man einfach mal wieder Lust auf ordentliche Portionen und bodenständiges Essen hat, welches man aus der immer gleichen und etwas klebrigen Speisekarte wählt … für so etwas ist das Dorfrestaurant die richtige Anlaufstelle. Vermutlich wird das Lokal in keinem einzigen Reiseführer erwähnt, doch das Essen schmeckt prima und die fois gras-Scheiben sind mindestens fünf Mal so dick wie in einem Durchschnitts-Restaurant in Paris. Incontournable ist das Steak mit Pommes: boeuf d’origine française, serviert mit einer großen Portion hausgemachter Pommes, an der noch an einigen Stellen die Kartoffelschalen hängen. An manchen Stellen sind sie weich, an manchen knusprig und gewürzt sind sie mit grobkörnigem Meersalz. Bon appetit.
Die zeitlose Zeit
Zuhause muss der Alltag geplant werden: An freien Tagen geht’s zum Yoga, mit einer Freundin ins Café, schnell zum Shoppen, kurz die E-Mails checken, etwas fernsehen und dann noch ein Buch lesen. Auf dem Land in Frankreich kann man dagegen nur zwei Dinge an einem Tag erledigen, denn für alles ist man mindestens eine halbe Stunde mit dem Auto unterwegs. Außerdem dauert alles länger, als man denkt. Mal schnell den Großeinkauf machen – das kann durchaus einen halben Tag in Anspruch nehmen. Ebenso wie Gartenarbeit oder Yoga, weil man danach noch mit allen zusammen einen Kaffee auf dem Marktplatz im Dorf trinkt. Ein Mittagessen dauert hier drei Gänge und umfasst auch ein Glas oder eine ganze Flasche Wein. Alles geht so herrlich langsam vor sich, und die Zeit fliegt nur so vorbei. Das Haus aufräumen? Das hat Zeit bis morgen …
Bonjour, neue Freunde!
Deutsche, Franzosen, Engländer und Holländer treffen sich dort, wo sie am liebsten sind: auf dem Lande. Über den einen Dorfbewohner lernt man den anderen kennen, und man lädt sich gegenseitig auf einen apéro oder ein Abendessen ein. Die Gespräche drehen sich erst um den Gemüsegarten, die Dorffeste, das neue Restaurant und die Bauern, bei denen man am günstigsten Holz holen kann. Bei der nächsten Flasche Wein redet man über die Familie, Politik, Kultur, Sport, Wein und was den Menschen sonst noch so beschäftigt. So entstehen nette, neue Freundschaften – ganz unabhängig von Alter, Herkunft, Aussehen und Automarke.
Marmelade machen, bekommen, tauschen
Jeder, der in der campagne wohnt, hat irgendwo einen Pflaumen-, Feigen-, Birnen-, Apfel-, Quitten- oder Kirschbaum stehen. Und was macht man mit all dem Obst? Man verarbeitet es. Es ist inzwischen eine Art Tradition geworden, bei Besuchen etwas Selbstgemachtes mitzubringen oder von der lieben Nachbarin ein noch warmes Einmachglas in die Hand gedrückt zu bekommen. Letztendlich teilt jeder seine selbstgemachte Marmelade, den Apfelmus oder Chutney und so kommt man ganz automatisch an eine stattliche Menge an fait maison-Köstlichkeiten. Und davon kann man dann wieder etwas mitnehmen, wenn man irgendwo eingeladen ist …
Text & Fotos: Asjha van de Akker (Bilder von Unsplash: Heuballen, Markt, Topfmarmeladenöffnung)
Keine Reaktionen