Clara Luciani
Der große Star am französischen Pop-Himmel ist derzeit Clara Luciani. Während der Victoires de la Musique im Februar 2022, bei denen die wichtigsten Preise im Bereich Pop-Rock vergeben wurden, erhielt sie zum zweiten Mal die Auszeichnung als beste weibliche Künstlerin des Jahres (2020 bekam sie die schon einmal). Der Musikstil dieser schlanken(und 1,82 m großen!) 31-Jährigen aus Marseille lässt Einflüsse von starken Frauenstimmen wie denjenigen der Sängerinnen Françoise Hardy und Patti Smith erkennen. Auch Luciani besitzt einen unkonventionellen Stil und ebensolche Songtexte. Zum Beispiel in ihrer Nummer La Grenade: ‘Hé toi, qu’est-ce que tu regardes. T’as jamais vu une femme qui se bat? Sous mon sein la grenade..’ („Ey du, was guckste so? Noch nie ’ne Frau gesehen, die sich prügelt?
Seitdem hat Luciani immer wieder neue erfolgreiche Songs veröffentlicht, die in Bars und Clubs in Paris und in anderen großen Städten gerne gespielt werden. Dazu gehört auch die folgende Single: Le reste aus ihrem Album Cœur(2021).
Zaho de Sagazan
Die junge Sängerin aus Sainte-Nazaire sorgte mit ihrer hypnotisierenden Interpretation von Modern Love von David Bowie während der Filmfestspiele von Cannes im Jahr 2024 für viel Aufmerksamkeit. Zuvor war Zaho in Frankreich mit ihrem Hit Aspiration („Sa jolie cigarette / C’est sa dernière cigarette“) und ihrem viel gepriesenen Debütalbum La Symphonie des éclairs (2023) bereits ein gefeierter Newcomer. Eine Sängerin, die man im Auge behalten sollte, denn ihr moderner melancholischer Stil (Elektro-Pop trifft auf Barbara und Brel) ist äußerst interessant!
Juliette Armanet
In den Großstädten Frankreichs ist noch ein weiterer Name bei den über 30-Jährigen beliebt: Juliette Armanet, die wie Luciani eine etwas heißere Stimme besitzt (scheinbar haben die französischen Sängerinnen das Patent dafür). Diese Dame aus Lille schreibt wunderbare Lieder, in denen ein Hauch France Gall und Feist zusammenkommen. Das ist auch in ihrem großen Hit aus 2018 zu hören: L’Indien. Auch auf ihrem neuesten Album Brûler le feu (2021) waren diverse Super-Hits, z. B. Le dernier jour du disco (unten).
Christine and the Queens
Ebenfalls nicht aus der aktuellen französischen Popmusik wegzudenken: Héloïse Adélaïde Letissier, besser bekannt als „Christine and the Queens“. Dieser androgyne Sänger aus Nantes konnte sich in den letzten 10 Jahren mit catchy französisch-englischen Songs und ungewöhnlichen Choreografien eine riesengroße Fangemeinde aufbauen. In den letzten Jahren waren Saint-Claude, Paradis Perdus und Christine große Hits. Der nichtbinäre Singer-Songwriter ist außerdem ein LGBT-Aushängeschild, das sich als männlich bezeichnet und zeitweise andere Künstlernamen („Chris“ und „Redcar“) verwendet hat. Inzwischen heißt er wieder Christine and the Queens und im Juni 2023 kam sein letztes Album Paranoïa, Angels, True Love heraus, auf dem auch Madonna zu hören ist.
Slimane
Slimane wurde 2016 als Gewinner von „The Voice“ in Frankreich bekannt, und direkt danach ging es mit seiner Musikkarriere steil bergauf. Zusammen mit dem Sänger Vitaa bildete er ein erfolgreiches Duo und dank ihres Hits Ça va ça vient (2019) füllten die beiden riesige Konzertsäle. Ein großer Solo-Hit von ihm ist Des milliers de je t’aime (2022), ein Lied über seine zu früh geborene Tochter. Beim Eurovision Song Contest 2024 wird der Sänger Frankreich mit dem selbst geschriebenen Lied Mon Amourvertreten.
Pierre De Maere
Bei diversen großen französischen Musikfestivals kann er stolz seinen Namen in den Line-ups vorzeigen: Pierre De Maere ist in Frankreich absolut angesagt. Der belgische Sänger mit der Peaky-Blinders-Frisur schaffte 2023 den Durchbruch mit seinem Song Un jour je mariera un ange, der einen sehr eingängigen Refrain hat: „Doktor, eines Tages werde ich einen Engel heiraten, dann werden wir uns in den Wolken lieben“. Bei den Victoires de la Musique 2024 erhielt er den Pop-Preis für den besten männlichen Newcomer.
Angèle
Diese junge Sängerin stammt aus Belgien und singt – wie auch Stromae – auf Französisch. Seit 2019 landet sie in Frankreich einen französischen Hit nach dem anderen. . Ihr Album Nonante-Cinq war 2022 in Frankreich sogar das meistgestreamte Album des Jahres. Zudem kämpft die bisexuelle Künstlerin gegen Sexismus, was auch in ihrem Song Balance ton quoi als Thema aufgenommen wird. Kürzlich erschienene tubes (Hits) von Angèle sind Oui ou Non, Fever (zusammen mit Dua Lipa) und Bruxelles je t’aime (Ende 2021) und Libre.
Barbara Pravi
Pravi ist keine Unbekannte mehr, seit sie beim Songfestival mit ihrem eindrücklichen Song Voilà bezauberte. Diese Nummer zeigt sehr gut Pravis Stärken: eine fantastische Stimme und eine présence voller Leidenschaft. Von dieser Sängerin werden wir sicherlich auch nach dem Songfestival noch viel hören. Übrigens schrieb sie auch schon Songs für Yannick Noah, Florent Pagny und Louane. Letztes Jahr brachte Pravi ein neuestes Album heraus: Les Prières – Guérir, auf dem auch Duette mit Yaël Naim und Vianney (siehe unten) zu finden sind.
Hervé
Auf eine liebenswerte Weise verrückt, so könnte man diesen Sänger aus der Bretagne umschreiben! Hervé begeistert mit energiegeladenem Electropop, Drum ‘n’ Bass und französischen Songtexten. Er trat als Vorgruppe von Eddy de Pretto (siehe weiter unten) auf und wurde bei den Victoires de la Musique von 2021 als bester männlicher Newcomer 2021 nominiert. Ein kürzlich von ihm veröffentlichter Hit ist das sommerliche Si bien du mal, das unglaublich viel Energie ausstrahlt! Im Jahr 2024 wird Hervé überall in Frankreich Konzerte geben und bei großen Festivals wie Francofolies und Les Vieilles Charrues auftreten.
Gaël Faye
Der junge französische Rapper mit ruandischen Wurzeln hatte seinen großen Durchbruch als Schriftsteller: Sein 2016 erschienener autobiografischer Roman Petit Pays gewann gleich mehrere Literaturpreise. Faye singt allerdings schon seit 2009 und 2022 bekam er Gold für sein zweites Studioalbum Lundi méchant. Der slammeur rappt oft über sein Leben in den banlieue, wo er aufwuchs. Faye arbeitet auch regelmäßig mit Künstlern wie Grand Corps Malade, Ben Mazué und Ben l’Oncle Soul zusammen. Im Folgenden hört ihr seine Nummer Réspire aus 2020.
L’impératrice
Diese Elektropop-Band aus Paris besteht aus 6 Mitgliedern, allerdings ist nur eine Frau dabei: Sängerin Flore. Sie stieß als letzte zur Gruppe, und dank ihrer klaren Stimme klingen Lieder wie La Lune und Peur des filles wie aus einer anderen Welt. Die letzte Nummer sang l’Impératrice während eines Live-Auftritts im Opernsaal von Versailles aus dem 18. Jahrhundert. Eine magische Kombination von moderner Musik und historischen Gemäuern. Gut zu hören ist, dass sich die Band von der Musik einer anderen talentierten französischen Elektroband inspirieren ließ: Air.
Ben l’Oncle Soul
Schon längere Zeit steht Ben L’Oncle Soul nicht mehr auf dieser Liste, denn viele seiner Songs sind in englischer Sprache. Aber … allez, wir können diesen französischen Soulman nicht länger ignorieren! Ihr kennt ihn sicher von seinem sonnigen Song Soulman aus 2010 (‘Écoute ça baby /Je suis pas un superman / Loin de là /Juste moi, mes délires / Je n’ai rien d’autre à offrir / Mais je sais qu’en vrai c’est déjà ça). Ben l’Oncle Soul wird von der französischen Tochtergesellschaft von Motown vertreten und war in den letzten Jahren oft Gast bei internationalen Pop- und Jazzfestivals.
Rouquine
„Ältere Jüngere“: Sie sind nicht mehr blutjung und wurden als Über-35-Jährige während einer Talentenshow im französischen Fernsehen, The Artist, entdeckt. Wir kennen sie vor allem durch ihren Song Mortel (2022), der voller jeux de mots steckt und zugleich sehr offenherzig vom Tod handelt. Außerdem ist es ein Ohrwurm, der sich schon nach einmaligem Hören im Kopf verankert!
Bigflo et Oli
In Frankreich sind sie in aller Munde: Bigflo & Oli. Diese 2 jungen Brüder aus Toulouse produzieren sympathischen französischen Rap mit einer positiven Botschaft. So auch in ihrem bisher erfolgreichsten Hit Dommage (2017), der ein bisschen an Stromae erinnert (was kein Zufall ist, denn die Nummer entstand zusammen mit dem belgischen Sänger). Eine weitere erfolgreiche Nummer von Bigflo et Oli, Plus tard (2018), dreht sich ums Aufwachsen und um – zum Teil unbeantwortete – Kinderfragen. Für ihre Clips reist das Duo durch ganz Frankreich, wie ihr in den Songs Bienvenue chez moi und Sacré Bordel (2022) sehen könnt.
Vianney
Vianney ist ein erfolgreicher Sänger aus dem französischen Baskenland. Dieser ideale Schwiegersohn mit dem verträumten Troubadour-Stil hatte bereits mit Pas là (über Liebeskummer) und dann mit Je m’en vais (da verlässt Vianney selbst seine Partnerin) große Hits. Vor Kurzem sang Vianney im Duett mit Véronique Sanson und Maître Gimms.Hört euch hier Pour de vrai aus dem Jahr 2021 an.
Eddy de Pretto
Die Musikkritiker Frankreichs loben Eddy de Pretto wegen seiner musikalischen Vielseitigkeit: Er lässt sich von hartem Hip-Hop ebenso inspirieren wie von den klassischen Chansons von Aznavour, Nougaro und Brel. Der 27-jährige Rapper verfasst außerdem engagierte Songtexte über Themen wie Homophobie und Macho-Verhalten. Sein Lied Kid ist inzwischen zum Klassiker avanciert. Darin hört man einen Vater, der seinen Sohn anstachelt („Tu seras viril mon kid. Je veux voir ton teint pâle se noircir de bagarres“ („Du wirst ein Mann werden. Ich will sehen, wie deine weiße Haut beim Kämpfen schwarz wird“). Hier folgt Random, sein neuester Hit.
Feu! Chatteron
Der Name dieser Pop- und Rockband aus Paris ist eine Anspielung auf einen englischen Dichter. Seit rund 10 Jahren sind sie zusammen und haben sich musikalisch u. a. von Serge Gainsbourg, Alain Bashung und Leo Ferré inspirieren lassen. Feu! Chatteron wurde bereits mehrfach bei den Victoires nominiert, unter anderem für den folgenden Song.
Julien Doré
Im Jahr 2007 hat Julien Doré bei Nouvelle Star, einer bekannten Musiksendung, gewonnen. Danach stieg er zu einem bekannten Popsänger in Frankreich auf. Doré ist nicht nur ein talentierter Singer-Songwriter, sondern vor allem ein begnadeter Performer, der sich immer wieder neu erfindet und dabei mit berühmten Stars zusammenarbeitet (u. a. Catherine Deneuve). ). Bekannte Singles von Hits Julien Doré sind beispielsweise Paris-Seychelles und Le Lac.
Jain
Eine junge Sängerin aus Toulouse, die im Jahr mit Makeba einen Megahit landete. Der Song, der vor Energie nur so strotzt und sofort im Kopf hängen bleibt (weiter unten könnt ihr ihn euch anhören), ist eine eingängige Ode an die südafrikanische Sängerin und Anti-Apartheid-Aktivistin Miriam Makeba. Nach einer musikalischen Pause seit 2019 wird die Sängerin 2023 ins Rampenlicht zurückkehren. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn in diesem Jahr tourt sie durch die größten Konzertsäle Frankreichs, um ihr neues Album The Fool vorzustellen.
Aya Nakamura
Wir sind keine so richtig großen Fans ihres eintönigen R&B- und Afropop-Sounds. Dennoch können wir Aya Nakamura in dieser Liste nicht komplett ignorieren. Immerhin ist die Sängerin mit französisch-malinesischen Wurzeln seit Jahren die meistverkaufte französische Künstlerin. Im Jahr 2018 erreichte ihr Megahit Djadja auch in Deutschland eine Chartplatzierung. Ein „djadja“ ist übrigens ein Lügner bzw. ein Spieler. Auch in ihren anderen Liedern kommen viele Slang-Wörter vor, so wie man sie in den Banlieues hört.
Bereits schon mal erwähnt, aber noch immer aktuell: Imany, Christophe Mae, Thomas Dutronc und natürlich Zaz!
Text: Nicky Bouwmeester/Ulrike Grafberger
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