Angenommen, ihr seid keine Skifahrer, und dennoch werdet ihr beim Gedanken an Winterlandschaften, Pulverschnee und Glühwein schwach. Angenommen, ihr seid doch Skifahrer und findet es insgeheim eine geniale Idee, Skifahren mit einem Hauch von skandinavischem Abenteuer zu verbinden. In beiden Fällen seid ihr im französischen Jura genau richtig! Wir hätten selbst nicht gedacht, dass das Gute so nahe liegt.
Authentisch und naturbelassen
Man muss es einfach gesehen haben, und das galt auch für Josee und Carole, die im Winter die südlichen Montagnes de Jura besuchten. Aus geologischer Sicht sind das die Ausläufer der französischen Alpen im Osten Frankreichs. Und hier kann man Skifahren? Ja klar! Zwar liegt der Fokus auf Langlaufen, doch Abfahrtspisten gibt es auch! Die Landschaft ist allerdings überhaupt nicht mit derjenigen der Alpen vergleichbar. Hier sieht man das weite Land, verschneite Seen, bewaldete Berghänge und sanfte Hügel. Hier gibt es authentische Dörfer, die teilweise so hinterwäldlerisch sind, dass es schon wieder Spaß macht. Hier leben sympathische Leute, die sich mit der englischen Sprache schwer tun, aber sich viel Mühe geben. Hier hat man das Gefühl, in Kanada oder Skandinavien zu sein.
Wintersport, aber wo?
Wir haben uns die folgenden Gebiete im südlichen Jura Frankreichs genauer angesehen:
Les Rousses
Die Franzosen kennen diesen Skiort, denn er ist mit 220 km Loipe das Mekka der Langläufer. Alpin-Skifahrern wird etwas weniger geboten, aber dennoch gibt es 50 km an Piste, verteilt über 4 Gebiete. Zwei Skigebiete, Massif de la Dôle und Massif des Tuffes sind miteinander verbunden; die anderen zwei, Masssif du Noirmont und Massif de la Serra, liegen separat. Alle Skigebiete sind zwischen 5 und max. 10 km voneinander entfernt, ein eigenes Auto ist also praktisch, obwohl auch ein Skibus durch die Gegend fährt. Weil man hier so viele verschiedene Wintersportaktivitäten ausüben kann (Langlauf, Wandern, Schlittenhundetouren, Biathlonkurse) wählen die meisten Gäste einen Skipass für 1 bzw. 2 Tage. Kosten: 26,50 € Erw., 19,20 € Kinder unter 16 Jahre für 1 Tag und 1 Gebiet oder 36 € Erw., 26,70 € Kinder unter 16 Jahren für einen Kombi-Pass. Für die Nutzung der Langlaufloipen fallen 8,40 € für Erw. und 5,80 € für Kinder pro Tag an.
Mittelpunkt ist das Dorf Les Rousses, wo es eine vielbesuchte Hauptstraße mit allen wichtigen (Ski-)Geschäften, Restaurants, Hotels und sogar einen Käseladen (!) gibt. Ebenfalls mittendrin: das Office du Tourisme. Die beste Adresse, um alles zu organisieren, u.a. Skikurse für die Kinder, Schnupperkurs für Biathlon (Super! Unbedingt ausprobieren!), Langlauftouren mit Führer, Schneeschuhwanderungen oder eine Tour mit dem Hundeschlitten. Sollte das Wetter mal nicht mitspielen, dann ist das Musee Polaire in Prémanon (rund 15 Min. Fahrtzeit) ein guter Tipp!
Wir haben uns verschiedene Hotels und B&Bs angesehen bzw. dort übernachtet. Mehr darüber erfahrt ihr unter: Wintersport-Unterkünfte im Jura. Eine Ferienwohnung zu finden ist etwas komplizierter, denn der Großteil der Häuser ist in Privatbesitz. Seid ihr auf der Suche nach einem Appartement oder Chalet, dann schaut am besten auf den Webseiten von Montagnes du Jura, von Les Rousses oder Gites de France vorbei. Nicht vergessen: Auch die Dörfer Lamoura, Prémanon und Bois d’Amont gehören zu Les Rousses. Und im letzten dieser Orte haben wir ein fantastisches Chalet gefunden.
Haute-Jura Sainte-Claude
Unter diesem Oberbegriff sind eine Reihe kleiner Dörfer wie Les Bouchoux, Moussières, Lajoux und La Pesse rund um die Stadt Sainte Claude zusammengefasst. Jedes Einzelne davon ist authentisch, etwas altmodisch und – großer Pluspunkt – mitten in einer Märchenlandschaft gelegen. Doch eines müssen wir klarstellen: Zum Alpin-Skifahren eignen sich diese Dörfer weniger. Jeder Ort hat zwar einen oder zwei Skilifte, aber die sind nur für Anfänger spannend. Interessant ist vielmehr der Mix aus verschiedenen Aktivitäten.
Uns hat es am besten in La Pesse gefallen. Der Slogan „No stress in La Pesse“ stimmt zu 100%. Das Dorf ist gemütlich, in der Hauptstraße befindet sich ein Laden (La Fruitière), in dem man die köstlichsten Käsesorten und charcuterie bekommt, es gibt ein Restaurant mit Café, wo sich auch die Einheimischen auf ein Glas Anis de Pontarlier treffen. Am Ortsrand stehen überraschend moderne Chalets, u.a. eine unserer Lieblings-Unterkünfte: Ecogîte Les Hautes Molunes.
Die Skipiste (ja, es gibt eine) eignet sich perfekt für Kinder, die mit dem Skifahren beginnen, und der Hügel des Dorfes wird gleich für mehrere Aktivitäten zugleich genutzt: Jung und Alt können sich auf der Loipe, auf dem Spielgelände und beim Snowtubing austoben. Alles in allem die perfekte Ausgangslage für sehr abwechslungsreiche Wintererlebnisse, denn in einem Umkreis von 20 Minuten mit dem Auto kann man zu Hundeschlittentouren aufbrechen, sich mit den Skiern von einem Pferd ziehen lassen, Schneeschuhwanderungen unternehmen und sogar eine Bison-Farm besuchen. Praktisch: Es gibt einen Pass, der mehrere Aktivitäten umfasst (Alpinski/Langlauf/Schneeschuhe), zum Preis von 85 €/Woche, Kinder 65 €/Woche. Erfahrt mehr über die verschiedenen Unterkünfte in der Umgebung.
Monts Jura
Dieses Bergmassiv liegt nahe Genf (10 km) und erstreckt sich über 3 Gebiete und Orte: Faucille-Mijoux, Lélets-Crozet und La Vattay-Menthières. Wir fuhren einen Tag lang im ersten Gebiet Ski (Kosten 27 €), und die 14 Pisten sind nicht sonderlich schwer (blau/rot). Sie führen durch die Wälder und sind gut über 7 Lifte erreichbar. Eines der Highlights ist die Aussicht von der Terrasse des Skirestaurants Grand Tetras über den Genfer See (in unserem Fall war das eher eine aussichtslose Wolkendecke über dem See) und die Alpen, über denen der Mont Blanc thront.
Das Skigebiet von Lelex-Crozet ist 7 km entfernt und bietet auf rund 30 Pistenkilometern etwas mehr skifahrerische Herausforderungen. Kein Wunder, dass die Einwohner von Genf hierher zum Skifahren kommen. Das Skigebiet La Vathay-Velezerins ist Anziehungspunkt für Langläufer. Außerdem kann man überall zu herrlichen Wanderungen aufbrechen, mit oder ohne Schneeschuhe. Die Saison dauert lange, denn viele Touren beginnen auf der Bergspitze, wohin einen der Skilift bringt. Nur 800 Meter von Col de la Faucille entfernt fanden wir ein fantastisches Hotel, ideal für Skifahrer!
Alle Skigebiete befinden sich auf rund 1.000 Höhenmetern, und man gelangt mit dem Lift bis auf 1.600 Meter. Von Genf aus ist man mit dem Auto in 30 – 60 Minuten dort. Ideal also, wenn man das Flugzeug nehmen möchte. Und weil es so viele verschiedene Möglichkeiten gibt, erlebt man in 3 Tagen so viel wie woanders in einer ganzen Woche.
Unser Fazit: Wir sind leidenschaftliche Skifahrer und hätten niemals einen Skiurlaub in den Montagnes du Jura in Erwägung gezogen. Und ehrlich gesagt ist man als guter Skifahrer auch schnell gelangweilt. Doch das bietet wiederum die Gelegenheit, auch mal was ganz anderes zu unternehmen und neue Winter-(Sport-)Erfahrungen zu machen. Und ist es nicht ein einzigartiges Gefühl, sich wie im hohen Norden zu fühlen, und trotzdem am Abend sein Baguette in ein echtes Fondue Jurasienne tauchen zu können? Dann weiß man auch wieder, wo man sich befindet: in Frankreich, im französischen Jura!
Weitere Infos über alle Wintersportarten findet ihr unter Montagnes du Jura.
Text: Josee Schouten, Fotos: @ Josee Schouten, Carole Gölitz, Panoramafoto Saint Claude Haut de Jura © Julien Arbez
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