Es gibt Städte, von denen man nicht viel erwartet, und die einen später positiv überraschen. So erging es Carole und ihrer Familie in Saint-Nazaire. Diese, der Atlantikküste zugewandte Hafenstadt an der Loire-Mündung ist eher eine Liebe auf den zweiten Blick.
Hättet ihr mich vor meinem Besuch in Saint-Nazaire gefragt, welche Assoziationen ich mit dieser Stadt verbinde, so hätte ich euch sicher geantwortet: Eine Hafenstadt am Atlantik mit großen Werften, einer enormen Spannbrücke über der Loire und mit einem ähnlichen gleichen Baustil wie in der benachbarten Hafenstadt Brest.
Saint-Nazaire: Stadt mit Überraschungseffekt
Saint-Nazaire bietet viele Überraschungen! Die erste: Der Atlantikstrand von Monsieur Hulot aus dem Film von Jacques Tati … ja ja, das war echt hier! Und auch in einer „Tim und Struppi“-Geschichte kommt die Stadt vor: In den „Sieben Kristallkugeln“ begeben sich Tim, Struppi und der Kapitän Haddock nach Saint-Nazaire.
Saint-Nazaire hat auch rund 20 Stadtstrände an der Loire-Mündung in den Atlantik, von denen 3 mit dem Ökolabel „Pavillon bleu“ ausgezeichnet sind. Saint-Nazaire ist grün und man kann prima Rad fahren: 170 km Radstrecke sind in und um Saint-Nazaire ausgebaut, sowohl an der Küste als auch „auf dem Land“, und sie eignen sich auch für gemütliche Familienfahrten.
Durch die Airbus-Produktionsanlagen ist Saint-Nazaire auch mit der Luftfahrt eng verbunden und war vor allem als ehemaliger Überseehafen nach Nordamerika bekannt, in dem auch jetzt noch die größten Kreuzfahrtschiffe der Welt gebaut werden. Aber Saint-Nazaire bietet noch viel mehr …
Ozeandampfer Escal’Atlantique: bitte an Bord kommen
Wir waren begeistert von Escal’Atlantique, einer in Europa einzigartigen Erlebniswelt über die faszinierende Geschichte der Ozeanriesen, die in Saint-Nazaire gebaut wurden und noch immer gebaut werden. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe zu großen Teilen zerstört, doch ein monumentaler Bau hat dem Inferno getrotzt, weil unkaputtbar: die von den Deutschen errichtete U-Boot-Basis. In ihr ist heute Escal’Atlantique untergebracht. Hinein geht es über eine Gangway, und schon steht man direkt vor dem schwarzen Rumpf eines riesigen Schiffs. Echt oder Attrappe? Diese Frage stellten wir uns während des Besuches immer wieder.
Das ganze Museum ist jedenfalls sehr ansprechend gestaltet und bestückt mit Schiffsmobiliar sowie rund 200 einzigartigen Originalobjekten von ehemaligen Passagierschiffen wie der France oder der Normandie. Sehr gefallen haben uns die interaktiven Touchscreens und die vielen Überraschungen, die den Besucher beim Gang durch diese Erlebniswelt erwarten. Die Ausstellung ist für alle Altersklassen konzipiert und kann im eigenen Tempo erkundet werden; je nachdem, wie viel Zeit man hat. Ich hätte nicht gedacht, dass es in diesem Koloss so viel zu sehen und zu erleben gibt.
U-Boot Espadon: Jetzt geht’s unter Wasser!
Besichtigen konnten wir auch das U-Boot Espadon, das nebenan in der befestigten Schleuse des Hafens liegt: ein stummer Zeuge des Kalten Krieges, der in seinen 25 Dienstjahren eine Strecke zurückgelegt hat, die 17 Erdumrundungen entspricht, jedoch nie in einem militärischen Konflikt zum Einsatz kam. Die Torpedorohre, die man am Ende der Besichtigung bestaunen kann, dienten nur zu Übungszwecken. Beeindruckend und beklemmend war die Enge in diesem eisernen Ungetüm. Man mag sich kaum vorstellen, wie die einst 65 Besatzungsmitglieder es hier drin ausgehalten haben … Da ist mir mein Job doch lieber J. Man sollte sich zum Abschluss noch etwas Zeit nehmen und das Dach des Gebäudes erklimmen, von wo aus man die Atlantikbucht und das Gewusel der Werften überblickt.
Tipp: Holt euch ein Kombiticket für 20,- € (Erwachsene) bzw. 10,- € (Kinder von 4 bis 14 Jahren), das gilt für Escal’Atlantique, das Espadon und das nahe gelegene Ecomusée, ebenfalls zum Thema Schiffe und Werften. Die Tickets sind auch online erhältlich, Erklärungen und Audioguides sind auf Deutsch verfügbar.
Weiterführende Links :
Escal’Atlantique
Espadon
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Tekst: Carole Gölitz. Photos: Carole & Guido Gölitz
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