Der Name Côte de Nacre sagt euch vermutlich erst einmal nichts. Und dennoch gehört diese Küste zu einem der bekanntesten Abschnitte der normannischen Küste: den Landungsstränden des Zweiten Weltkriegs. Genauer gesagt, Juno und Sword Beach befinden sich dort. Gerade deshalb stehen die Badeorte selbst etwas weniger im Rampenlicht. Auch für uns war es überraschend, was wir dort alles entdecken konnten.



Über die Côte de Nacre
Der Name Côte de Nacre – auf Deutsch Perlmuttküste – verweist auf den hell schimmernden Sand und das klare Licht in diesem Teil der Normandie. Die Küstenlinie umfasst 9 Badeorte, jeder mit einem ganz eigenen Flair. Dennoch wurde dieses Gebiet nie als Einheit betrachtet. Die Aufmerksamkeit galt vor allem der historischen Bedeutung der dort liegenden D-Day-Strände. Höchste Zeit also, diesen Küstenabschnitt einmal mit anderen Augen zu betrachten. Und dann am besten vom Fahrradsattel aus.
Start in Courseulles-sur-Mer: eine abwechslungsreiche Tour ins Hinterland
Wir starten unsere Radtour in Courseulles-sur-Mer. Dieser Küstenort wurde kurz vor und am D-Day selbst schwer bombardiert. Die Bunker im Juno Park, die stillen Zeugen der Geschichte, können besichtigt werden. Heute ist dies ein beliebter Familienbadeort mit einem breiten Sandstrand, allerdings auch mit zwei Gesichtern:
Einerseits sieht man hier die Wiederaufbau-Architektur nach dem Krieg sowie viele Neubauten aus den Siebzigerjahren, andererseits entdecken wir auch den nostalgischen Charme dank historischer Villen, dem traditionellen Fischereihafen und dem täglichen Fischmarkt am Quai des Alliés.
Ein Tag auf dem Rad
Wir haben Glück: Heute ist Jour du Vélo. Dieses jährlich stattfindende Ereignis lockt mit Infoständen rund ums Radfahren und einer unterhaltsamen Radtour von etwa 20 Kilometern, die Interessierte zu Handwerksbetrieben in der Region bringt. Genau unser Ding! Am Treffpunkt, der sich direkt am Juno Beach Centre befindet (dem Gedenkzentrum an die Invasion der Kanadier), wartet schon eine große Gruppe begeisterter Radler auf den Start.
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Die Tour führt uns ins Landesinnere, vorbei an Getreidefeldern und kleinen Dörfern. Wir halten bei einem traditionellen Hersteller von Messern, probieren Rhabarbermarmelade bei einem leidenschaftlichen Gärtner und schauen zu, wie die berühmten sturmfesten Regenschirme von H2O hergestellt werden. Es sind vor allem Einheimische, die an der Tour teilnehmen, und selbst sie kommen aus dem Staunen nicht heraus.
Glücksmomente bei La Maison Bleue
Mit vier Gläsern Rhabarbermarmelade in der Fahrradtasche verabschieden wir uns von der Gruppe und gönnen uns ein Mittagessen im La Maison Bleue, das vermutlich beste Fischrestaurant von Courseulles. Oder besser gesagt: der gesamten Côte! Die Lage direkt am Hafen und einem kleinen Teich ist idyllisch, es gibt eine sonnige Terrasse und eine Aussicht auf Mini-Leuchttürme. Unser Mittagessen mit frischen Austern, Wolfsbarsch und Thunfisch ist der pure Genuss: ein maritimes Fest für die Geschmacksnerven. Wir können das Restaurant also nur empfehlen!
Nach Bernières-sur-Mer
Nach dem Mittagessen machen wir unser eigenes Ding. Wir möchten möglichst lange an der Küste in Richtung Ouistreham fahren und orientieren uns dabei an den Schildern der Vélomaritime. Dieser Radwanderweg führt von Dünkirchen bis nach Roscoff in der Bretagne und bezieht auch diesen faszinierenden Abschnitt der normannischen Küste mit ein.
Obwohl uns ein Vélomaritime-Schild kurz ins Landesinnere führt, geht‘s nach ein paar Kilometern wieder in Richtung Küste und wir erreichen Bernières-sur-Mer. Was für ein charmantes Dorf! Als wäre hier die Zeit stehen geblieben. Oder besser gesagt: als hätte der Zweite Weltkrieg hier keine Spuren hinterlassen. Für die Küstenlinie gilt das allerdings nicht, denn viele der ursprünglichen Häuser wurden durch Nachkriegsbauten ersetzt.
Saint-Aubin-sur-Mer: charmanter Küstenort
Entlang der Küste – immer noch auf Höhe von Juno Beach – radeln wir weiter nach Saint-Aubin-sur-Mer. Auch dieser Ort erobert unser Herz im Sturm. Die digue – das französische Kosewort für Promenade – präsentiert sich mit wunderschönen historischen Villen, viele davon im Belle-Époque-Stil. Eine Strandpromenade wie gemacht zum Flanieren, und genau das wird hier auch ausgiebig getan. Wir schließen uns an, allerdings in einer sportlichen Variante mit dem Fahrrad an der Hand.
Unser Ziel: Luc-sur-Mer, ein Badeort mit Wal-Skelett und Rooftop-Bar
Es ist ziemlich warm an diesem Tag im Mai. Der feine Sandstrand und das türkisfarbene Meer locken dann natürlich, und zahlreiche Badegäste genießen die Sonne. Alles wirkt sehr verführerisch, doch wir haben ein anderes Ziel. Entlang der Küste wollen wir eigentlich nach Langrune-sur-Mer und Luc-sur-Mer, um schließlich nach Ouistreham zu gelangen. Dort, wo die Côte de Nacre über die Bucht der Orne in die nördlich gelegene und viel bekanntere Côte Fleurie übergeht.
Doch so viel Zeit bleibt uns leider nicht. Also radeln wir zurück und nehmen das Auto nach Luc-sur-Mer. Das ist ein lebendiger Badeort, bekannt für seinen langen Seesteg, den breiten Sandstrand und die vielen charmanten Strandhäuschen. Und für seinen Wal! Im Parc de la Baleine liegt das riesige Skelett eines Wals, der 1885 hier angespült wurde. Leider kommen wir ein paar Minuten zu spät, der Park schließt um 19.00 Uhr.
Dann eben ans Meer. Dort erinnert ein Denkmal an Leutnant Gordon Hemming, der 1941 (also 3 Jahre vor dem D-Day) einen missglückten Angriff auf diesen von den Deutschen besetzten Strand anführte. Auch der Gefallenen des D-Day wird hier gedacht.
Wir fotografieren noch schnell die legendären Strandhäuschen und lassen danach den Tag stilvoll bei L’Inéluctable ausklingen. Diese hippe Strandbar mit Restaurant und Rooftop-Bar bietet einen atemberaubenden Ausblick – Sonnenuntergang inklusive. Was für ein krönender Abschluss einer vielseitigen Entdeckungstour!
Praktische Tipps: Rad fahren entlang der Côte de Nacre
Diese Gegend des Calvados eignet sich hervorragend für Radfahrer: Sie ist überwiegend flach, übersichtlich und mit gut ausgeschilderten Routen versehen, die meist über Radwege oder ruhige D-Straßen führen. Neben den Strecken entlang der Küste gibt es auch Rundwege durchs Landesinnere. Ihr könnt aber auch bis nach Bayeux oder Caen radeln.
Jeder Badeort entlang der Côte de Nacre verfügt über ein Tourismusbüro mit kostenlosen Karten, Informationen zu Fahrradverleih, Reparatur- und Ladestationen. Aber alles ist auch online verfügbar, zum Beispiel unter:
- Radwege & Karten
- Die Top-5-Radtouren
Weitere Infos: coeurdenacretourisme.com
Übernachtungstipps
Wir schliefen und/oder besuchten die folgenden Unterkünfte entlang der Küste:
Hôtel de la Plage – Courseulles-sur-Mer
Im historischen Viertel des Badeorts liegt dieses einfache Hotel mit viel Flair, einem Restaurant und einer Terrasse. Es punktet vor allem mit seiner Toplage: keine 100 Meter vom Meer entfernt. Weitere Info.
Camping Sandaya – Saint-Aubin-sur-Mer
Luxuriöser Fünf-Sterne-Campingplatz mitten im Ort. Tipptopp gepflegt mit großem Wasserpark, Restaurant mit Terrasse, hochwertigen Mobilheimen und Stellplätzen zwischen den Bäumen. Weitere Info.
Hôtel Beau Rivage – Luc-sur-Mer
Logis-Familienhotel direkt an der Strandpromenade. Schlichte Zimmer, aber hervorragende Lage und ein Restaurant mit gutem Frühstück. Weitere Info.
Neugierig, was der Calvados sonst noch zu bieten hat? Dann schaut mal auf der Website von Calvados Tourisme vorbei.
Text: Josée Schouten, Fotos: Josee Schouten, Daniëlle van Poppel, Coeur de Nacre Toerisme ©François Dupont, Nathalie Papouin, Mathilde Lelandais
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