Wie oft bin ich auf dem Weg zu meinem Urlaubsziel im Südwesten Frankreichs hier vorbeigefahren? Und warum hatte ich damals während meines Aufenthalts an der Küste in der Nähe von La Rochelle nicht einen Tag Poitiers eingeplant? Dumm gelaufen, denn diese Stadt hat so viel zu bieten! Man kann hier locker einen oder zwei Tage lang herumbummeln. Die Stadt blickt auf eine sehr lange Geschichte zurück, die bis 12.000 v. Chr. zurückreicht. Auch die Römer waren hier, wofür die Überreste des Amphitheaters sowie andere Ausgrabungen stille Zeugen sind. Starke Frauen wie Königin Radegonde (6. Jahrhundert) und Eleonore von Aquitanien (12. Jahrhundert) haben der Stadt mit ihrer Führungskraft einen Stempel aufgedrückt.
Heute ist Poitiers eine der größten Studentenstädte Frankreichs. Das ist nicht nur an den vielen Universitätsgebäuden zu erkennen, sondern auch an der überall spürbaren Lebendigkeit. Beim Stadtbummel ist immer ein Café oder eine Bistro-Terrasse in Reichweite. Es gibt ein großes Angebot an (hippen) Kneipen, Restaurants und Geschäften. Ihr könnt auch im Stadtpark Blossac picknicken, Jeu-de-Boule spielen oder am Poitiers-Plage planschen (siehe unten). Kurzum: Wir haben in 48 Stunden viel erlebt. Hauptsächlich im Schnelldurchgang, um möglichst viele Eindrücke zu sammeln und Tipps geben zu können. Hier folgt ein Mini-Reiseführer für euren Besuch in der Stadt.
Guter Startpunkt: der Platz im Zentrum mit seinem Markt, den Foodhallen und der Kirche
Auf dem Weg zum Herzen der Altstadt, dem Place Charles de Gaulle, bestaune ich die schönen alten Fachwerkhäuser, die hier seit Hunderten von Jahren das Bild der Innenstadt prägen. Als ob die Zeit stehen geblieben wäre! Schade, dass ich nicht an einem Markttag in Poitiers bin. Der Markt findet hier jeden Samstag rund um die berühmte Kirche Notre-Dame-la-Grande statt (mehr dazu weiter unten).
Während der Woche ist jedoch am Morgen der überdachte Marché Notre Dame geöffnet, der sich direkt neben der Kirche befindet. Die Halle beherbergt etwa 20 Stände, die Fisch, Fleisch, Käse, Gemüse, Obst, Gebäck verkaufen. Kurzum alles, was das Herz begehrt. Es gibt auch einige Foodtrucks, bei denen man vor Ort etwas bestellen und direkt dort essen/trinken kann. Es herrscht hier zwar keine echt Marktatmosphäre; aber für die Geschmacksnerven ist dies ein wahrer Genuss.
Tipp: An diesem Platz liegt auch das Office du Tourisme. Immer praktisch, wenn man einen Stadtplan oder ein paar Infos braucht.
Stadt der 100 Türme: Kirchen, Kathedralen und Paläste
In vielen Reiseführern wird Poitiers als die Stadt der 100 Türme bezeichnet, und das hat sich auch 2017 wieder bestätigt. Das scheint mir eine Übertreibung zu sein, denn so viele habe ich wirklich nicht gezählt. Mal sehen, ob ich sie alle von dem hohen Aussichtspunkt der Statue Notre-Dames-des-Dunes sehen kann. Diese ist über eine Treppe vom Stadtzentrum aus erreichbar (ein echter Wadenkiller!) und von dort aus hat man einen herrlichen Blick über die ganze Stadt.
Auf jeden Fall gibt es in der Stadt eine beeindruckende Anzahl monumentaler religiöser Gebäude. Die meisten sind für Besucher zugänglich. Aber wie gesagt: Die Auswahl ist riesig. Einige davon habe ich besucht, hier meine Tipps:
Eglise-Notre-Dame-la-Grande
Sie steht mitten im historischen Zentrum und ist deshalb kaum zu übersehen. Diese romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert hat ein sehr farbenfrohes Innere mit auffälligen Säulen, welche um 1850 mit römisch-byzantinischen Motiven neu bemalt wurden. Sie sehen fast so aus wie die Totempfähle der Indianer.
Es gäbe noch so viel mehr über das Gewölbe und die fantastischen Buntglasfenster zu erzählen! Doch leider wird die Kirche in diesem Herbst wegen einer dreijährigen Renovierung für die Öffentlichkeit geschlossen. Schade, aber ein Grund mehr, sich die Außenfassade mal genauer anzusehen. Sie ist das größte Prunkstück: reich verziert mit allerlei Darstellungen von Christus, den Aposteln, Bischöfen und Fabeltieren, welche an Geschichten aus dem Neuen und Alten Testament anknüpfen. Ein Comic avant-la-lettre! Wirklich faszinierend. Doch leider hat der Bildersturm auch hier seine Spuren hinterlassen, und mehrere Statuen sind enthauptet.
Lage: Platz Charles de Gaulle
Der Palast von Poitiers
Die Säulen, welche die Fassade umrahmen, und die breite Treppe, die zum Eingang führt, lassen Grandeur und Status vermuten. Obwohl diese imposante Fassade erst 200 Jahre alt ist, stammt das, was sich dahinter verbirgt, aus dem 11. Jahrhundert! Dieser Palast beherbergte im Mittelalter so berühmte Persönlichkeiten wie Wilhelm den Großen, Eleonore von Aquitanien und Richard Löwenherz und war bis vor einigen Jahren der Justizpalast von Poitiers.
Drinnen angekommen stoßt ihr auf eine riesige, 50 Meter lange Halle. Hier wurden Feste gefeiert und opulente Speisen serviert, während Troubadoure aufspielten. Heute dient der Raum als Treffpunkt und Besinnungsraum (in dem es im Sommer herrlich kühl ist!), und es finden dort Ausstellungen statt. Nehmt euch die Zeit, um die 3 riesigen Kamine mit darüber Buntglasfenstern anzusehen. Derzeit kann man nicht viel mehr besichtigen, obwohl der gesamte Palast fast 6000 m2 und 300 Räume umfasst, doch diese werden gerade restauriert. Der Eintritt ist frei.
Lage: 10 Place Alphonse Lepetit
Tipp: Mit Kindern unterwegs? Kombiniert euren Besuch mit The Escape League, das sich links neben dem Palast befindet. Dort gibt es diverse Escape-Game-Räume; die Erklärung wird auch in Englisch angeboten.
Kathedrale Saint-Pierre – Place de la Cathédrale
Schaut mal genauer hin! Woran erinnert euch die beeindruckende, riesige Vorderfront? Genau: Diese Kathedrale ähnelt der Pariser Notre-Dame! Man nimmt an, dass die Grande Dame de Paris als Vorbild für dieses gigantische Exemplar diente. Eine andere Dame, Eleonore von Aquitanien, gab den Bau in Auftrag. Wir betreten die Kirche durch das Seitenportal. Und sofort ist erkennbar, wie groß und lang das Gebäude ist. Von einem Ende zum anderen sind es 100 Meter! Schlendert durch die Kirche und schaut euch vor allem das wunderschöne Deckengemälde in der Seitenkapelle sowie die wunderschönen Glasfenster an. Über dem Altar befindet sich eines der ältesten Buntglasfenster der gesamten christlichen Welt (12. Jahrhundert): das Kreuzigungsfenster, mit Eleonore von Aquitanien und ihren Mann, Heinrich II.
Lage: Place de la Cathédrale
Weitere Kirchen und Gebäude, die einen Besuch wert sind:
Eglise Sainte-Radegonde: Die Kirche ist ein beliebtes Pilgerziel mit einer Mauer voller Votivgaben (Briefe und Fotos als Bitten an Gott oder Danksagungen). Vom Kirchenschiff aus könnt ihr zum Grab der früheren Königin und Schutzpatronin Radegunde hinabsteigen.
L’Eglise Saint-Hilaire-Le-Grand: Wallfahrtskirche für die Pilger auf dem Weg nach Compostela. Auch hier gibt es Säulen mit vielen außergewöhnlichen Schnitzereien.
Baptistère Saint Jean (neben dem Musée Sainte Croix): Das Baptisterium gilt als eines der ältesten christlichen Gebäude Europas (es stammt aus dem 5. Jahrhundert).
Unbedingt sehenswert: Musée Sainte-Croix
Das größte Museum von Poitiers steht auf dem Gelände der früheren Abtei Sainte-Croix. Die Sammlung ist beeindruckend und verspricht buchstäblich eine Zeitreise. Man beginnt mit der großen archäologischen Sammlung, die von der Vorgeschichte bis zum frühen Mittelalter reicht. Ich entdecke Schmuck und Gebrauchsgegenstände, die über 2.500 Jahre alt sind und die heutzutage noch Gefallen finden würden. Über einen ausgegrabenen Bereich mit alten römischen Mauern gelangt man in die Abteilung für bildende Kunst mit Reliquien, Skulpturen und Gemälden aus dem 14. bis zum frühen 20. Jahrhundert.
12.000 Jahre Kunst & Geschichte unter einem Dach!
Erwähnenswert ist die umfangreiche Sammlung von Skulpturen von Camille Claudel: die drittgrößte öffentlich zugängliche Sammlung Frankreichs. Bei den Gemälden liegt der Schwerpunkt auf berühmten Namen des frühen 20. Jahrhunderts wie Bonnard, Vuillard, Sisley und Marquet. Nettes Detail: Es gibt einen Raum speziell für Kinder, in dem die Werke viel niedriger hängen. Kurzum, der Besuch lohnt sich, und das zu einem günstigen Preis. Der Eintritt beträgt nur 5 €, Kinder unter 17 Jahren sind gratis.
Sainte-Croix-Museum, 61 Rue de St Simplicien. Täglich außer montags geöffnet. Jeden Dienstag und 1. Sonntag im Monat kostenlos zugänglich. Genaue Öffnungszeiten und aktuelle Ausstellungen findet ihr auf der Museumswebsite.
Shoppen in Poitiers? Eine gute Idee!
In voor een dagje winkelen? Poitiers heeft een groot aanbod voor alle leeftijden en budgetten. We nemen je even mee door de diverse straten in het centrum:
Lust auf einen Tag Shopping? Poitiers hat ein großes Angebot für alle Altersgruppen und jedes Budget. Wir nehmen euch mit durch die verschiedenen Straßen im Stadtzentrum:
– Rue Léon-Gambetta: die größte Einkaufsstraße mit Läden, die Marken wie Sephora, Burton, Caroll, Yves Rocher, Kusmi Tea, Lacoste anbieten.
– Rue des Grandes Ecoles: Hier findet ihr eine nette Mischung aus etwas anderen Geschäften wie La Belle Aventure, die beste Buchhandlung der Stadt mit einem eigenen Kinderbuchladen auf der anderen Straßenseite. Das schönste Einrichtungsgeschäft dürfte Le Grand Magasin sein, Hausnummer 1 (Es gibt übrigens auch noch eine kleine Filiale namens Le Petit Magasin, die 4 Gehminuten entfernt in der schmalen Gasse Echelle du Palais liegt). Daneben befindet sich ein toller Spielwarenladen namens Bonhomme de Bois. Interessant ist es auch um nachzusehen, welcher Pop-up-Store sich gerade bei Hausnummer 8 angesiedelt hat. Dieses Gebäude stellt die Gemeinde Kleinunternehmern mit guten Ideen zur Verfügung.
– Passage Cordeliers: In dieser überdachten Shoppingpassage findet ihr bekannte Marken wie Zara, Mango, Calzedonia, FNAC, aber auch Delikatessläden wie Le Comptoir de Mathilde sowie eine Filiale von Nature & Découvertes.
– Grand’Rue: Hier gibt es Vintage-Boutiquen, Kunstateliers und Kunsthandwerksläden wie die bekannte Schirmfabrik La Fabrique de Parapluies François. In diesem Familienbetrieb werden seit fünf Generationen Schirme von Hand gefertigt. Die Kollektion umfasst alle möglichen Farben und Designs, und die Verstrebungen aus Karbonfasern machen die Schirme absolut sturmfest. Garantiert! Ein klassischer Regenschirm schlägt schon mal mit 150 € zu Buche – aber dann habt ihr auch was! Natürlich könnt ihr euch auch einen Schirm ganz nach euren Wünschen bestellen (auch online). Die Regenschirmfans kommen von weit her, wie die Fotos an der Wand zeigen. Dort sind auch jede Menge Promis zu sehen. Kurzum, ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall.
Eine Verschnaufpause nach all dem Shopping?
Auf dem Place du Maréchal-Leclerc gibt es zahlreiche Straßencafés, in denen ihr für einen Kaffee, ein Mittagessen oder einen Drink vorbeischauen könnt. Eine weitere nette Lunch-Adresse in der Altstadt ist La Serrurerie in der Rue des Grandes Ecoles: leckers Essen mit einem Wandschrank voller Vintage-Schnickschnack als Kulisse! Ein klassisches „Wohnzimmerrestaurant“, in dem es nur lokale Gerichte gibt, ist Les Bon Vivants in der Rue Cloche Perse.
Mögt ihr Schokolade? Dann lasst euch von der riesigen Auswahl an Pralinen und Macarons bei Fink in der Rue du Marché oder dem Pralinen-Künstler Rannou-Métivier in der Rue des Cordeliers verführen. Eher Lust auf etwas Kaltes? Im elsässischen Laden Le Nid de Cicognes findet ihr ein großes Angebot an selbstgemachtem Eis. Oder soll es ein Bier mit Hipster-Flair sein? Lokal gebrautes Bier gibt’s bei l’Envers du Bocal in der Rue de la Regratterie.
Lest auch unsere Tipps für Unterkünfte in der Altstadt
Ihr seid lieber im Grünen? Dann geht zum Parc de Blossac im Südwesten der Stadt. Eine Oase der Ruhe – mit Springbrunnen, Kunstwerken, englischen Gärten und Rasenflächen mit vielen Bänken und Stühlen zum Relaxen.
Und dann ab zum Strand bei Ilot de Tison
Wow, was für eine Entdeckung: Poitiers Plage! Im Süden der Stadt, direkt am Fluss Clain gelegen, befindet sich ein großer Park. Dort könnt ihr zu zweit oder mit der ganzen Familie erholsame Stunden verbringen. Im Sommer findet ihr dort eine große Liegewiese und ein Naturschwimmbad. Ihr könnt Kanu oder Tretboot fahren, zu Abend essen, Bowling oder Beachvolleyball spielen oder einfach nur auf einem Liegestuhl mit den Füßen im Sand entspannen. Musik an … und relaxen.
Das ehemalige Sägewerk wurde in eine guinguette umgewandelt, eine große Bar unter freiem Himmel, in der man Getränke bestellen und über 200 Spiele ausleihen kann. Jeden Abend ab 19 Uhr öffnen 6 bis 7 Food Trucks ihre Fenster. Dort könnt ihr euer Abendessen aus allen Küchen der Welt zusammenstellen. Ein riesiger Bildschirm sorgt dafür, dass ihr nichts von den Olympischen Spielen oder anderen großen Sportereignissen verpasst. Und regelmäßig treten auch Bands oder DJs auf. Seufz, hier wäre ich am liebsten den ganzen Tag geblieben.
Von der Altstadt aus ist der Strand zu Fuß erreichbar (ca. 20 Minuten). Mit dem Auto: Parkplatz Blossac-Tison.
Poitiers: praktische Tipps
Wie kommt ihr dorthin?
Mit dem Zug: Ich habe den Eurostar nach Paris genommen und danach den TGV nach Poitiers (1,5 Stunden). Außerdem gibt es regelmäßige Verbindungen zur Küste und zu anderen Städten der Region.
Mit dem Auto: Die Strecke von Frankfurt nach Poitiers beträgt 920 Kilometer, ca. 9 Stunden Fahrzeit. Damit ist Poitiers auch als Zwischenstopp auf eurer Frankreichreise nach einem Tag Fahrt ideal.
Wenn ihr in der Vendée oder an der Loire Urlaub macht, dann erreicht ihr Poitiers von der Küste aus in 1 bis 1,5 Stunden. Am besten parkt ihr in einem öffentlichen Parkhaus; es gibt viele und die sind nicht teuer. Die zentralsten Parkhäuser sind: Notre Dame Marché, Hotel de Ville, Centre Commercial des Cordeliers, Blossac-Tison. Das Zentrum ist kompakt, und alles ist gut zu Fuß erreichbar. Allerdings geht es manchmal auf und ab. Mit der Pony-App könnt ihr euch auch einen Roller oder ein Fahrrad mieten. Doch habe ich während meines Aufenthalts nur wenige gesehen, die auf Rädern unterwegs waren.
Praktisch: In der App Visit Poitiers werden diverse Stadtspaziergänge vorgestellt – mit einer Länge zwischen 1,5 bis 5 Kilometer.
Weitere Informationen findet ihr auf der Website von Poitiers: visitpoitiers.fr
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