Einer nicht mehr genutzten Kaserne in Bordeaux mit dem wohlklingenden Namen Niel [ausgesprochen wie njel] wurde im Jahr 2012 neues Leben eingehaucht. Und lebhaft geht es hier tatsächlich zu: einige hippe Anlaufstellen für Essen und Trinken, lokal gebrautes Bier, ein Bio-Supermarkt und zwischendrin viel Street Art, Skatehalle, Nutzgarten, Coworking-Space und zahlreiche Events mit Wow-Effekt. Auf den ersten Blick scheint es ein etwas chaotischer Hipster-Treffpunkt zu sein, doch hinter Darwin steckt wesentlich mehr Tiefgang. Hinter der relaxten „Fassade“ verbirgt sich ein ganzer Pulk von Unternehmern mit Sozialverantwortung. Hier arbeiten viele Stiftungen an neuen Ideen in den Bereichen Kunst und Kultur, Nachhaltigkeit und Sozialökonomie sowie an neuen Möglichkeiten, besser zusammen zu arbeiten und Differenzen zu überwinden.
Hippes Bordeaux
Karen traf sich mit Philippe Bar, einem der kreativen Köpfe hinter dem „Ökosystem von Darwin“. In dieser friche (Französisch für ein verfallenes Gebäude oder Gelände) verwirklichte er zusammen mit 4 Freunden seine Idee, nämlich einem verlorenen Ort, einem Industriedenkmal, eine neue Funktion und damit eine neue Seele einzuverleiben. Ein FabLab für Bordeaux 3.0! Die Darwinisten ließen sich von anderen renovierten Industrieruinen in mindestens 10 anderen Metropolen inspirieren, in Frankreich beispielsweise von Le Lieu Unique in Nantes (eine ehemalige Keksfabrik) oder dem RAW-Tempel („Reichsbahnausbesserungswerk“) in Berlin sowie KRUX in Amsterdam.
Szene-Viertel La Bastide-Niel
Bordeaux wird durch den Fluss Garonne in Rive Gauche und Rive Droite aufgeteilt. Am linken Ufer befindet sich das vielbesuchte Unesco-Zentrum, das rechte Ufer dagegen scheint (zu Unrecht) das Stiefkind zu sein – sogar in den Augen der Bordelais. Und das, obwohl man schnell drüben im Szene-Viertel La Bastide ist, wo auch Darwin liegt. Man geht oder radelt ganz einfach über den historischen Pont de Pierre oder den modernen Pont Chaban-Delmas bei der Cité du Vin, dem großen Weinmuseum von Bordeaux.
Place du village: zentraler Treffpunkt
Wer den Fluss überquert und bei Darwin ankommt, wird hier sicher einen halben Tag verbringen – so beeindruckend sind das meterhohe Gorilla-Bild beim Eingang oder die riesige hölzerne Designkonstruktion ‘Vortex’ oben auf der Terrasse, wo Secondhandmöbel und Paletten-Bänke stehen. Die Darwinisten nennen dies Place du village: ein Ort, an dem sich alle treffen, die Darwinisten und Non-Darwinisten, die Bordelais und Nicht-Bordelais, die Franzosen und Touristen. Während der Woche sitzen hier die Co-Workers, und am Wochenende kommt man zum Brunchen. Mittwochs gönnt man sich einen Drink zur Heures Heureuses, während ein DJ auflegt. Außerdem werden regelmäßig Events organisiert, wie das Öko-Festival Ocean Climax oder der alternative XMas Market.
Kaffeetrinken, Mittagessen, Abendumtrunk
Kulinarische Anlaufpunkte sind Le Magasin Général, unter dessen Dach Restaurants und ein Supermarkt zu finden sind. Einkaufen, aber dann unter nachhaltigen Gesichtspunkten, könnt ihr bei Épicerie Bio. Lunch, Brunch, Drinks werden im Bio-Restaurant Bistrot-Réfectoire angeboten, und wirklich guten Kaffee gibt es bei Torréfacteur L’Alchimiste, zu dem auch ein Kaffeeladen im Zentrum von Bordeaux gehört. Bio-Bier braut Brasserie de la Lune an der gegenüberliegenden Seite des Platzes. Weiter hinten versteckt sich noch etwas sehr Feines: Bei Les Chantiers de Garonne könnt ihr im Ibiza-Stil an einem Sandstrand mit Liegestühlen wunderbar Fisch essen.
Graffiti, Kunst und Skater
Der Charme alter Kasernen und Fabriken liegt in ihrer rauen und rebellischen Atmosphäre. Besucht also auch mal das Magasin Général und weiter hinten auf dem Gelände die Skaterhalle und die meterlangen Street-Art-Werke voller Graffiti und Tags von bekannten und weniger bekannten Künstlern. Hier ist das Reich von Zarb, Jeff Soto, Bordalo II, Laurence Vallières und Goin, um nur ein paar der Künstler zu nennen.
Ihr seht schon: Bei Darwin fühlen sich Familien, Hipsters, Idealisten, Skaters, Schwerstarbeiter und Partygänger gleichermaßen wohl. Interessant ist auch, dass es einen solch coolen Ort in der oft als schick bezeichneten Weinstadt Bordeaux gibt!
Weitere Infos: darwin.camp (mit Veranstaltungskalender) und Le Magasin Général (über die Restaurants).
PLUS+
– Cooler, origineller und innovativer Flecken in Bordeaux mit Angeboten für alle Altersklassen. Ihr könnt sogar Stand Up Paddling-Boards für eine Tour auf der Garonne ausleihen!
MINUS-
– Bei Darwin ist so viel los, dass es einem fast schwindelt. Aber genau diesen rebellischen Charakter haben die Initiatoren so gewollt.
Wie kommt ihr zu Darwin?
Von der Innenstadt aus könnt ihr einen schönen Spaziergang unternehmen (circa 10 km) über die 2 Brücken von Bordeaux mit Darwin als Zwischenstopp am anderen Ufer der Garonne! Lieber direkt? Mit dem Rad (Bordeaux hat Leih-Fahrräder) seid ihr schnell dort und es gibt genügend Platz, um das Rad abzustellen. Auch mit dem Auto ist Darwin gut erreichbar; es sind viele Parkplätze vorhanden.
Text: Karen Kommer-de Graaf, Fotos: Karen Kommer-de Graaff (größtenteils) & Danne Kommer (Graffiti & 2 x Karen vor Ort).
Andere Fotos: CC Darwin (Treffpunkt mit Vortex. Wal-Graffiti von Steven Burke – Darwin Ocean Climax (CC/Remi Bedora), Coworking (Cc D. Sanchez), Weihnachtsmarkt CC D. Sanchez, Darwin by Night (CC E. Gabily), Skater (CC D. Manaud), Terrasse Chantiers de la Garonne (Cc Y. Colin), Rückseite des Gebäudes (Foto unten).
Hier folgen ein paar Aufnahmen von unserem letzten Bordeaux-Besuch!
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Darwin (Caserne Niel)
87 Quai des Queyries
33100 Bordeaux
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