Ausländer machen sich oft über die französische Bürokratie lustig. All diese Regeln – so streng und mühselig. Doch die folgenden ungewöhnlichen Gesetzgebungen in Frankreich sind teilweise gar nicht so schlecht.
1. Hohe Strafe fürs Wegwerfen von Zigarettenkippen
In diversen französischen Städten, darunter Paris, muss man mit einer Geldstrafe von 68 € rechnen, wenn man eine Zigarettenkippe auf die Straße oder in den Rinnstein wirft. Im Elsass droht eine noch viel höhere Geldstrafe: Im Departement Bas-Rhin sind 1.000 € fällig, wenn euch ein Polizist dabei erwischt, wie ihr eine Kippe auf den Boden werft. Weitere französische Departements wollen nachziehen und ebenfalls Geldstrafen verhängen. Nicht nur aus Umweltschutzgründen, sondern auch um die Waldbrandgefahr einzudämmen.
2. Beheizte Terrasse sind in Frankreich verboten
Seit 2022 dürfen in Frankreich überdachte Restaurant-Terrassen weder beheizt noch gekühlt werden. Das untersagt ein couragiertes Umweltgesetz, denn Terrassen sind in französischen Großstädten oft der wichtigste (weil größte) Teil eines Cafés oder einer Brasserie. Auch Klimaanlagen sind verboten, aber brumisateurs (Vernebler) sind weiterhin erlaubt.
3. Baby-Hähne werden in der Eierindustrie nicht mehr getötet
Seit 2023 dürfen männliche Küken in der französischen Eierindustrie nicht mehr in den Schredder geworfen werden. Diese „Eintagsküken“ wurden durch Zermahlen oder Vergasen getötet; beides ist inzwischen verboten. Die französischen Eiererzeuger müssen vorher prüfen, ob es sich bei dem befruchteten Ei um ein weibliches oder männliches handelt: Hähne werden also nicht mehr ausgebrütet. Damit verhindert Frankreich das Abschlachten von 50 Millionen männlichen Küken pro Jahr. Zum Vergleich: In ganz Europa werden jährlich 300 Millionen Hähne getötet. Ein guter Schritt! Doch es bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Für männliche Küken, die für die Fleischindustrie (Hähnchen, Stopfleber) nicht gebraucht werden, gilt dieses französische Gesetz noch nicht.
4. Obst und Gemüse dürfen in Frankreich nicht mehr in Plastikverpackungen verkauft werden
Gurken, Bananen, Tomaten, Auberginen, Zucchini, Kartoffeln … seit 2022 dürfen Obst und Gemüse nicht mehr in Plastik verpackt werden. Für empfindlichere Produkte wie Salate, Spinat, Spargel und Champignons haben die Produzenten etwas länger Zeit, eine Alternative zu finden (bis 2024). Erdbeeren, Himbeeren und andere Beeren dagegen müssen erst ab 2026 plastikfrei in den Regalen liegen.
5. Französische Hausbesitzer dürfen im Winter niemanden vor die Tür setzen
Dem sog. trêve hivernale zufolge dürfen Hausbesitzer ihre Mieter zwischen dem 1. November und dem 31. März nicht mehr aus dem Haus werfen. Auch dann nicht, wenn ihnen illegale Untervermietung oder Mietrückstand vorgeworfen werden kann oder gar ein Räumungsverfahren läuft. Dieses französische Gesetz soll verhindern, dass Mieter in der Winterkälte auf die Straße gesetzt werden.
6. In Schulkantinen ist Ketchup verboten
Schon seit Jahren ist Ketchup aus gesundheitlichen Gründen in den Essensräumen der Schulen verboten. Außerdem muss mindestens einmal pro Woche ein vegetarisches Gericht auf dem Menü stehen. Weiterhin ist das Kantinen-Personal verpflichtet, eine Probe von allen servierten Speisen mindestens acht Tage lang aufzubewahren. Dies ist das sog. plat témoin, ein „Beweisgericht“ für den Fall, dass Probleme auftreten (Allergie, Lebensmittelvergiftung).
7. Handys wurden aus den französischen Schulen verbannt
Seit 2018 sind Mobiltelefone in öffentlichen Schulen in Frankreich verboten. Die Schüler müssen alle Apparate mit Internetanschluss abgeben oder weglegen, bevor sie die Klasse betreten. Diese Regelung gilt für Grundschulen und collèges (Schüler bis zu 15 Jahren). An den lycées können die Schulleitungen die Richtlinien selbst bestimmen.
8. In Frankreich kann man jemanden heiraten, der verstorben ist
Seit 1914 sind posthume Eheschließungen in Frankreich erlaubt. Ursprünglich wurde dieses Gesetz für die Kinder der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten ins Leben gerufen. Doch 1959 reaktivierte Präsident Charles de Gaulle das Gesetz als Folge der Staudamm-Katastrophe in der Provence. Eine junge, schwangere Frau durfte ihren verunglückten Verlobten nach seinem Tod heiraten. Noch immer ist das möglich, sofern die betreffenden Personen beweisen können, dass sie heiraten wollten, bevor einer von beiden verstorben ist. Weiterhin braucht man für die posthume Eheschließung die Zustimmung des Präsidenten.
9. In einem französischen Restaurant habt ihr Anspruch auf kostenloses Leitungswasser
Einem alten Gesetz zufolge sind französische Gastronomen dazu verpflichtet, Gratis-Leitungswasser zu den Mahlzeiten zu servieren, wenn die Gäste darum bitten. Ein Restaurantbesitzer kann also seine Gäste nicht zwingen, für eine Flasche Mineralwasser zu bezahlen. Ein ganz neues Gesetz legt weiterhin fest, dass dieses Recht auf kostenloses Leitungswasser ab 2023 auch auf der Speisekarte oder an anderer Stelle im Restaurant gut sichtbar gemacht werden muss. Französische Kneipenbesitzer hingegen sind nicht dazu verpflichtet, ein kostenloses Glas Wasser zu servieren.
10. Französische Supermärkte dürfen kein Essen wegwerfen
Französische Supermarktketten sind verpflichtet, nicht verkaufte Lebensmittel an Lebensmittelbanken abzugeben, anstatt sie wegzuwerfen oder zu vernichten.
11. „Catcalling“ oder Belästigung auf der Straße ist strafbar
Ein französisches Gesetz stellt es unter Strafe, Frauen auf der Straße oder in der Metro hinterherzurufen. Männer, die Frauen an einem öffentlichen Ort mit zischenden Geräuschen oder sexistischen Bemerkungen belästigen, müssen mit einer Geldstrafe von bis zu 750 € rechnen.
12. Auf dem Lande hat der Hahn das Recht zu krähen
Seit 2021 schützt ein neues Gesetz die typisch ländlichen Geräusche und Gerüche in Frankreich. Das Läuten der Kirchenglocken, das Rattern des Traktors und der Gestank des Misthaufens gehören zum patrimoine sensoriel des campagnes, also zum sensorischen Erbe des ländlichen Raums. Das Gesetz soll das Landleben vor den Beschwerden von Urlaubern und Städtern mit Zweitwohnsitz schützen. Denn: In den letzten Jahren traten diese Beschwerden immer häufiger auf. So gab es 2019 auf der Ile d’Oléron ein Gerichtsverfahren gegen die Besitzerin des Hahns Maurice, der zu früh am Morgen mit seinem Kikeriki die Anwohner terrorisiert haben soll. Und vor ein paar Jahren kam es in der Provence zu einem Aufstand, als sich Urlauber beim Bürgermeister über den zu lauten Gesang der Zikaden beschwerten.
13. Bezahlen für „Notaufnahme-Missbrauch“
Seit 2022 muss jeder, der sich in Frankreich in die Notaufnahme begibt und eigentlich nicht in Krankenhaus aufgenommen werden muss, nach der Behandlung 19,61 € aus eigener Tasche bezahlen. Damit sollen Menschen abgeschreckt werden, die mit relativ geringfügigen Beschwerden in den urgences (Notaufnahmen) auftauchen. Ausnahmen gibt es für Schwangere, bei Arbeitsunfällen und einigen anderen Notfällen.
14. Quittungen nur noch auf Anfrage
Papierquittungen werden in Frankreich nur noch ausgestellt, wenn der Kunde darum bittet. Dieses neue Umweltgesetz ist bereits teilweise in Kraft getreten, wird aber ab dem 1. September 2023 in allen Geschäften endgültig eingeführt. Die Kunden erhalten dann Quittungen nur noch per SMS oder E-Mail. Es sei denn, sie bitten an der Kasse ausdrücklich um einen Papierbeleg.
15. Kein Alkohol am Arbeitsplatz … außer Wein, Bier und Cider
Dem Code du travail zufolge ist Alkohol am Arbeitsplatz streng verboten. Es sei denn, es handelt sich um „Wein, Bier, Cider oder poiré (Birnen-Cider)“. Nur Champagner und Spirituosen fallen also durchs Raster. Doch als Arbeitnehmer kommt man mit den erlaubten Getränken wohl auch ganz gut durch den Tag.
Und … darf man sein Schwein in Frankreich Napoleon nennen oder nicht?
Napoleon verbot den Franzosen, Schweine nach ihm zu benennen: Das sei eines Kaisers nicht würdig! Eine noch immer weit verbreitete Legende besagt, dass dieses Gesetz nie aufgehoben wurde und die Regel noch immer gilt. Eine wirklich schöne Geschichte, aber leider nicht wahr!
AUCH INTERESSANT:
10 französische Lebensweisheiten
5 neue französische Regelungen
Französische Baguette-Etikette
Text: Nicky Bouwmeester, Fotos: Copyright Magali (Schild), Nicky Bouwmeester (Karaffe), CC-BY Leah Kelly (Schwein), CC-BY Bladsurf (Türe)
Keine Reaktionen